Friedrich Glasl hat ein Modell entwickelt, das 9 Stufen der Eskalation eines Konflikts beschreibt, von den frühesten Anzeichen bis hin zum vollständigen Zusammenbruch der Zusammenarbeit. Allerdings müssen diese Stufen nicht zwangsläufig in jeder Situation in dieser Form auftreten und die Konfliktparteien können sich unterschiedlich schnell bewegen oder sich nicht auf derselben Stufe befinden.
Um Konflikte erfolgreich zu lösen, ist es hilfreich, je nach Eskalationsstufe unterschiedliche Ansätze in Betracht zu ziehen. Denn je weiter der Konflikt fortschreitet, desto dringender wird eine Unterbrechung der Eskalationskette. Gleichzeitig wird es immer schwieriger, aus der Eskalation auszusteigen.
Erste Ebene Win-Win
Hier geht es um die Sache, eine gemeinsame Lösung ist möglich. Hier kann Moderation helfen, den Konflikt zu lösen. Seminare und Coachings sind ebenfalls hilfreiche Methoden.
In der Anfangsphase der ersten Hierarchieebene können Differenzen und Unstimmigkeiten zwischen den beteiligten Parteien auftreten, die nicht unbedingt als Konflikt erkannt werden. Diese Spannungen können jedoch tieferliegende Ursachen haben. Ein Beispiel dafür sind unterschiedliche Vorstellungen darüber, wer welche Aufgaben am Arbeitsplatz übernehmen soll.
In der zweiten Phase treten Argumentationsstrategien und Auseinandersetzungen zwischen den Konfliktparteien auf, wobei oft ein Schwarz-Weiß-Denken vorherrscht. Wenn es nicht gelingt, dass beide Seiten in einem Gespräch zu einer Einigung gelangen, kann der Konflikt eskalieren und zu einem handfesten Streit führen.
In der dritten Phase verschärft sich der Konflikt spürbar und die Beteiligten ignorieren jegliche Argumente. Stattdessen steigt der Druck auf beiden Seiten, da sie jeweils ihre eigene Meinung durchsetzen möchten.
Verbale Kommunikation tritt nun kaum noch auf oder findet gar nicht mehr statt. Es herrscht Schweigen zwischen den Konfliktpartnern. Anstelle von Worten folgen nun Taten und der Konfliktgegner wird bewusst ignoriert.
Zweite Ebene Win-Lose
Hier braucht es unbedingt einen Mediator oder Coach, weil es zunehmend schwieriger wird, den Konflikt zu lösen.
In dieser Stufe werden die Konfliktparteien versuchen, Unterstützung von außen zu gewinnen. Es können Bündnisse gebildet werden oder die eigene Position wird durch gezielte Imagebildung gestärkt. In der vierten Phase geht es um die Bildung von Koalitionen: Die beteiligten Konfliktparteien suchen Unterstützung bei Verbündeten, um ihre eigene Position zu stärken. Die Verbündeten sollen dabei helfen, den Konfliktgegner von der eigenen Meinung zu überzeugen.
Ab dieser Stufe geht es nicht mehr primär um die Lösung des Konflikts, sondern darum, ihn zu “gewinnen”. Eine sachliche Klärung des Konflikts wird zunehmend schwieriger, da die beteiligten Parteien nun auf Sieg ausgerichtet sind.
In dieser Stufe wird der Konflikt für beide Seiten zum Gesichtsverlust. Eine Lösung des Konflikts wird immer schwieriger, da nun auch das eigene Ansehen auf dem Spiel steht. In der fünften Phase werden direkte und persönliche Angriffe genutzt, um den Konfliktgegner bloßzustellen und für Gesichtsverlust zu sorgen. Moral und gegenseitiges Vertrauen spielen hier keine Rolle mehr.
Logische Argumente ziehen nicht mehr, stattdessen wird die andere Konfliktpartei bewusst lächerlich gemacht, bloßgestellt oder schikaniert. Es wird mit Unterstellungen und dem Infragestellen der moralischen Glaubwürdigkeit gekämpft, um den eigenen Sieg zu erringen.
In dieser Stufe werden Drohungen ausgesprochen, um die eigene Position zu stärken. Es kann auch zu Gewaltandrohungen kommen, um den Konflikt zu kontrollieren, die eigene Macht zu demonstrieren und den Konfliktgegner zum Einknicken zu bringen. Wenn der Konflikt nicht mehr diplomatisch gelöst werden kann, greifen die Beteiligten zu unlauteren Mitteln.
Dritte Ebene Lose-Lose
Hier ist alles zu spät, beide Seiten gehen dem Abgrund entgegen. Es geht darum, den anderen fertig zu machen auch wenn man selbst verliert.
In dieser Stufe werden gezielte Angriffe auf die gegnerische Seite unternommen, um diese zu schwächen oder zu vernichten. In der dritten Ebene beginnen die Konfliktparteien, dem Gegenüber Schaden zuzufügen und nehmen dabei sogar den eigenen Schaden in Kauf, solange der Gegner einen größeren Schaden erleidet. In diesem Stadium geht es nicht mehr um die Ursache des Konflikts.
In dieser Stufe kommt es zu einer Zersplitterung des Konflikts in viele kleine Teilaspekte. Eine Lösung des Konflikts wird dadurch immer schwieriger. Hier haben die beteiligten Parteien das Ziel, das gegnerische System zu zerstören. Dabei werden körperliche, seelische, soziale und geistige Angriffe und Vernichtungsaktionen eingesetzt. Um den Ruf des Gegners zu schädigen, werden manchmal sogar dessen Familienmitglieder verbal angegriffen.
Die neunte und letzte Eskalationsstufe, genannt “Gemeinsam in den Abgrund”, ist der totale Krieg, bei der beide Konfliktparteien versuchen, den Gegner in den Abgrund zu ziehen. Dabei riskieren sie sogar die eigene Selbstzerstörung.
Es ist wichtig, den Konflikt in seiner Eskalationsstufe zu erkennen und die geeigneten Strategien und Lösungsansätze anzuwenden, um eine Eskalation zu verhindern. Eine frühzeitige Konfliktlösung kann dazu beitragen, langfristige Schäden und negative Auswirkungen zu vermeiden.
Als Führungskraft ist es sinnvoll schon bei der Debatte das Thema anzusprechen. Mut ist der Schlüssel, um Konflikten eine positive Wendung zu geben. Friedrich Glasl betonte die große Bedeutung aktiven Eingreifens, um Konflikte zu bewältigen.
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