Ich glaube, ich kann einiges zu diesem Thema sagen, denn mein ganzes Leben war ich von Perfektionismus getrieben. Ich wollte einen perfekten Studienabschluss, einen perfekten Job, eine perfekte Wohnung, eine tolle Familie und einen großen Freundeskreis. Perfekt lackierte Fingernägel, die Tasche immer passend zu den Schuhen, kleinste Fussel in der Wohnung werden sofort weggewischt.. und ….und… und – ihr wisst wahrscheinlich, was ich meine. Ich fühlte mich sicher und dachte, dass mir so nichts passieren kann. Von wegen!
»Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn man nichts mehr hinzufügen, sondern wenn man nichts mehr weglassen kann. « — Antoine de Saint-Exupéry.
So dachte ich auch. Bis ich eines Tages gemerkt habe, wie viel Energie mir das alles kostet und mir das Ganze nichts bringt. Ich werde trotzdem kritisiert und es gibt immer jemanden, dem meine Nase nicht gefällt. Und das ist gut so, ich mag auch nicht jeden. Wie viel Lebenszeit ich damit vergeudet habe, perfekt zu sein, ist mir erst im Nachhinein klar geworden. Denn keiner will mit scheinbar perfekten Leuten zu tun haben, die immer alles besser wissen und beim kleinsten Fehler rot anlaufen.
Zudem ist mit aufgefallen, dass ich immer glatter wurde, also ohne Ecken und Kanten. Genau das hatte mich ja früher ausgemacht. Ich war dafür bekannt, dass ich offen und ohne Scheu meine Meinung gesagt habe. Ich entsprach immer mehr den Erwartungen Anderer und habe mich dabei komplett vergessen. Ich war ein Opfer der Umstände und hatte keinen Zugang mehr zu meinen Gefühlen und zu meinen Bedürfnissen, ich wusste nicht mal was ich kann, worin ich gut bin und was mich ausmacht. Ich wurde täglich unzufriedener und frustrierter.
Heute bin ich immer noch perfektionistisch veranlagt und hadere oft mit mir, ob das was ich mache, gut genug ist. Ich kann aber inzwischen unterscheiden, wann ich perfekte Leistung erbringe und wann 70 % ok sind. Ich bin mir selbst bewusst und reflektiere meine Reaktionen und Emotionen. Ich würde behaupten, dass meine Kollegen heute besser mit mir zusammen arbeiten können als früher, als ich perfekt sein wollte und es von den anderen auch erwartet habe. Denn das ist die andere Seite, meinem Umfeld war ich auch zu viel geworden.
Was ist passiert? Bei einem Seminar 2018 der Beutlhauser Akademie mit Jörg Hohlfeld “Du bist, was du sagst” ist mir beim Antreibertest bewusst geworden, was ich mache. In den Jahren danach, bei einem 1:1 Coaching bei Dr. Christian Bernreiter oder bei den Führungsseminaren von Dr. Reinhard Sprenger in den Jahren 2015-2022 wurde mein Mindset immer klarer und schärfer und ich wurde immer mehr selbstbewusster.
Meine Coaching Weiterbildung im letzten Jahr war dann der Höhepunkt. Dabei habe ich so viel über mich selbst erfahren, wie die letzten 20 Jahre davor nicht. Ich lernte mich kennen und mich so anzunehmen wie ich bin. Nicht dagegen anzukämpfen. Ich weiß, das ist echt schwere Kost. Ich versuche es dennoch jeden Tag aufs Neue. (Bei dem Blick auf die Waage, ändert sich natürlich alles kurzfristig, aber was soll’s – so bin ich eben!)
Sprenger sagte mir mal Selbstachtung > Fremdachtung. Eine gute Formel und Orientierung für alle, die anderen um jeden Preis gefallen wollen.
Und was hat das mit Selbstliebe zu tun? Nichts – denn, wenn ich perfekt sein will, akzeptiere ich meine Fehler nicht. Also ich mag meine Schattenseiten nicht, ich liebe sie nicht! Ich will sie nicht wahr haben.
Wenn ich mich so annehme wie ich bin. Mit meinen Fehlern, mit meinen Ecken und Kanten und mit meinen unperfekten Seiten, dann bin ich ganz. Mir fehlt nichts. Dann ist alles von mir dabei, die Sonnen- und die Schattenseite. Wenn ich die Schattenseiten lieben lerne, dann bin ich frei. Dann kann mich nichts mehr aus der Ruhe bringen und ich steuere mich selbst. Keiner drückt irgendwelche roten Knöpfe. Ich habe das Auto meines Lebens fest im Griff.
Es fühlt sich so gut an! So frei, gelassen und selbstbestimmt:-)
„Wenn ich mich so, wie ich bin, akzeptiere, dann ändere ich mich. Aus dem Man-Selbst-Sein ergeben sich echte Beziehungen. Wirkliche Beziehungen ändern sich eher, als dass sie statisch bleiben.“ — Carl R. Rogers
Ich gehe diesen Weg Schritt für Schritt mutig voran. Nicht in Eile, mit Geduld und Akzeptanz, alles braucht seine Zeit. Es lohnt sich!
👉 Wenn Du an Deinem inneren Antreiber “Sei Perfekt”, “Beeil dich!” oder “Mach es allen recht” mit mir arbeiten möchtest, schreib mir gerne. Das sind nämlich auch meine inneren Antreiber.
Exkurs: Die fünf Inneren Antreiber
Herzlichst
Antoniya