Unter Selbstführung versteht man die Fähigkeit, das eigene Handeln bewusst an den persönlichen Werten und Zielen auszurichten. Es geht um Selbstkenntnis und Selbstverständnis, um Selbstreflexion und Selbstmanagement. Ich kenne mich selbst und weiß über meine Gefühle und Bedürfnisse Bescheid, ich verstehe mich dadurch besser und bin fähig mein Verhalten immer wieder selbst zu reflektieren und zu steuern. Ich bin selbst bestimmt und handle eigenverantwortlich.
Das Verhalten wird durch die innere Einstellung gesteuert. Zum Beispiel: Eine Führungskraft sieht die Mitarbeiter als Mittel zum Zweck und verhält sich im Alltag ihnen gegenüber mit wenig Anerkennung und Wertschätzung, nur das Ergebnis zählt und Fehler werden nicht gerne gesehen. Wie fühlen sich wohl die Mitarbeiter in so einem Unternehmen? Würden sie alles dafür geben, um das Unternehmen erfolgreicher zu machen?
Um zwischen der eigenen und der Realität der anderen differenzieren zu können, brauchen Führungskräfte einen klaren Kopf und klare Gedanken. Dies geschieht mithilfe von Selbstführung. Sich selbst führen zu können, ist allerdings eine große Herausforderung und bedarf Mut, weil es den Blick zunächst nach innen richtet. Man ist mit sich selbst konfrontiert. Gerade höher gestellte Führungskräfte sind es gewohnt, andere in ihrem Handeln und Verhalten zu beobachten und zu beurteilen. Diese Beobachtung wird bei der Selbstführung auf sich selbst bezogen – das kann mitunter weh tun und auch unangenehm werden. Genau da liegt allerdings die Chance der Persönlichkeitsentwicklung. Ein Prozess, der stärkt, resilienter und selbstsicherer macht.
Die eigenen Gedanken spielen eine große Rolle bei der Selbstführung. Die Glaubenssätze, die man seit der Kindheit mit sich trägt, der Selbstwert, die Selbstannahme im Guten und im Schlechten, das Selbstbewusstsein sowie das innere Team. Das ist ein Prozess, der nie endet. Mit sich im reinen sein ist das Ziel.
Bei unerfüllten Bedürfnissen kommen die Gefühle hoch und daraus entstehen die uns gut bekannten Emotionen, die wir durch Selbstbeherrschung in den Griff bekommen wollen. Man ist gut beraten, sich in solchen Situationen die Frage zu stellen, woher kommt das und welchen Nutzen habe ich davon? Ist das Verhalten in dieser Situation angemessen?
Ich bin der Meinung, je besser ich mich kenne und ich um meine roten Knöpfe (Schmerzpunkte) Bescheid weiß, desto selbstbestimmter bin ich. Dadurch ist man nicht so schnell zu manipulieren und zu lenken, sondern handelt bewusst und übernimmt die Verantwortung für das eigene Verhalten. Es bedarf einer gewissen Disziplin, um nicht alten Mustern zu verfallen.
„Zwischen Reiz und Reaktion liegt ein Raum. In diesem Raum liegt unsere Macht zur Wahl unserer Reaktion. In unserer Reaktion liegen unsere Entwicklung und unsere Freiheit.“
Stephen Covey
Wenn man bedenkt, dass Mitarbeitende bei der Kündigung meist die Führungskräfte verlassen und nicht das Unternehmen, ist das meiner Meinung nach einer der wichtigsten Gründe, warum Führungskräfte ihr Menschenbild und ihr Verhalten hinterfragen und an sich selbst arbeiten sollten. Dafür sollte man offen sein und sich nicht zu wichtig nehmen.
Führungskräfte können mit ihrem Verhalten viel in Unternehmen bewirken, da sich dessen Verhalten auf das ganze Unternehmen auswirkt und große Kreise ziehen kann. Zuerst im eigenen Team und im nächsten Schritt darüber hinaus, denn wir leben in Wechselwirkung zu unserem Umfeld und somit können Führungskräfte dazu beitragen, als Vorbild zu agieren und so eine ganze Organisation zu stärken.
Die Unternehmenskultur ist davon geprägt, wie man miteinander umgeht. Starke Mitarbeiter arbeiten in starken Organisationen und begehrte Bewerber entscheiden sich für Unternehmen mit einer modernen Führungskultur und setzen Kommunikation auf Augenhöhe voraus. Egal wie wir es drehen und wenden, wir kommen immer wieder darauf zurück, dass wir an uns selbst arbeiten müssen, wenn wir uns eine Veränderung wünschen und wenn eine Veränderung nötig ist.
Ich finde, dass Selbstmanagement und Selbstführung sehr eng miteinander verbunden sind. Beim Selbstmanagement geht es nicht, wie oft gedacht, um Zeitmanagement, sondern darum, die persönliche und berufliche Entwicklung, unabhängig von äußeren Einflüssen selbst zu gestalten. Deswegen hier ein paar Gedanken der PSI Theorie, die gut dazu passen.
“Laut der PSI Theorie von Prof. Julius Kuhl, die verschiedene Persönlichkeitstheorien auf der Grundlage psychologischer und neurobiologischer Forschungen integriert, gibt es vier Teilsysteme, die die in ihrem Zusammenspiel dafür verantwortlich sind, wie ein Mensch die Welt wahrnimmt, in welcher Gefühlslage er sich meistens befindet und wie er handelt. Das nachdenklich besonnene Teilsystem in uns braucht Selbstmotivierung, das sorgfältig genaue Teilsystem Selbstberuhigung, das ruhig gelassene Teilsystem Selbstkonfrontation und das spontan intuitive Teilsystem Selbstbremsung. Wir tragen alle Teilsysteme in uns und können aber nur mit einem Systemtyp gut umgehen. Um andere in unserem Selbst zu aktivieren, braucht es Übung und einen achtsamen Umgang mit sich selbst. ” Die Kraft aus dem Selbst. Sieben PsychoGyms für das Unbewusste. Maja Storch und Julius Kuhl. Hogrefe 2017.
Im Podcast mit der Susanne von Ich&Wir hörst du meine Sichtweise über die Selbstführung: